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Warum brauchen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst eine Diensthaftpflichtversicherung? Zwar ist gesetzlich geregelt, dass der Dienstherr für Schäden aufkommt, die ein Mitarbeiter in Ausübung seiner Tätigkeit verursacht. Jedoch können Geschädigte den oder die Mitarbeiter*in persönlich auf Schadensersatz verklagen. Außderdem kann der Dienstherr die Mitarbeiterin in Amtshaftung nehmen und Schadensersatz fordern (so genannter Regressanspruch).

Unter welchen Umständen droht eine Regresspflicht?

Ein Schaden ist eingetreten. Wir gehen davon aus, dass jemand diesen Schaden durch einen Fehler verursacht hat. Andernfalls stellte sich nicht die Frage nach einer möglichen Regressforderung. Ob der Verursacher gegenüber seinem Dienstherrn regresspflichtig ist, hängt von der Schwere seines Fehlverhaltens ab.

Im Arbeitsrecht gibt es vier Formen von Fehlverhalten: Fahrlässigkeit in drei Stufen (leicht, mittelschwer und grob) sowie Vorsatz. Nachfolgend erklären wir diese Fehlerstufen ausführlich und mit Beispielen, geordnet nach Schwere und in aufsteigender Reihenfolge:

Fahrlässigkeit

Die versicherungsrechtliche Definition für Fahrlässigkeit stammt aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). § 276 Absatz 2 BGB definiert: „Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.“

1. Leichte Fahrlässigkeit:

Die leichte Fahrlässigkeit ist eine alltägliche Situation, in der einfach ein Fehler passiert. Ein Sachbearbeiter trifft zum Beispiel eine falsche Entscheidung, weil er sich auf veraltete Rechtsprechung stützt. Solche Fehler geschehen in der täglichen Arbeit und lassen sich kaum verhindern. Der Mitarbeiter kann nicht in Regress genommen werden.

2. Mittlere Fahrlässigkeit:

Hier hat der Mitarbeiter die erforderliche Sorgfalt in mittelschwerem Maß außer Acht gelassen. Beispiel:

  • Ein Mitarbeiter des Grünflächenamts hat zwar die Umrandung und die Wiese gesichert, die er gleich mähen wird. Aber er hat lose Steine übersehen. Beim Mähen fliegen die Steine auf die Straße und treffen einen Menschen oder ein Auto. Je nach Form und Schwere des Schadens kann der Dienstherr möglicherweise Regressansprüche geltend machen, weil der Mitarbeiter seinen Arbeitsbereich unzureichend gesichert hatte.

3. Grobe Fahrlässigkeit:

Bei grober Fahrlässigkeit hat der Mitarbeiter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maß außer Acht gelassen. Beispiele:

  • Der Mitarbeiter des Grünflächenamts aus obigem Beispiel hat die Wiese überhaupt nicht gesichert, sondern ist sofort mit dem Rasenmäher losgedonnert. Oder er ist ohne Fangkorb über den Rasen gefahren. Bei einem Schaden durch umherfliegende Steine kann man von grober Fahrlässigkeit sprechen.
  • Ein Sachbearbeiter lässt grundlos eine fällige Forderung gegen einen Bürger liegen, bis der Anspruch des Dienstherrn verjährt. Das Amt hat ausreichend Personal, der Krankenstand ist niedrig, die Arbeitslast ist besonders hoch. Der Sachbearbeiter hätte den Vorgang längst erledigen müssen. Ohne triftigen Grund für seine Untätigkeit liegt möglicherweise grobe Fahrlässigkeit vor.
  • Ein Lehrer lässt seinen Schulschlüssel unbeaufsichtigt liegen und dieser verschwindet.

4. Vorsatz

Von Vorsatz spricht man, wenn der Schadensverursacher den Schaden mit Wissen und Wollen verursacht hat. Der Verursacher haftet grundsätzlich selbst in voller Höhe. Eine Diensthaftpflichtversicherung springt nicht ein bei vorsätzlich verursachten Schäden.

Vorsicht vorm Schadensfall: Kündigung oder steigende Prämien

Alle vorangegangenen Beispiele drehen sich nur um die Frage, ob und wie gut Sie abgesichert sind, falls ein Schaden eintritt. Doch auch mit der Rückendeckung einer Diensthaftpflicht sollten Sie nicht leichtfertig werden, sondern weiterhin mitdenken und aufmerksam Fehler vermeiden:

  1. Wenn Sie zu leichtfertig sind, könnte der Grad Ihrer Fahrlässigkeit steigen.
  2. Falls Sie sinnvollerweise eine (kleine) Selbstbeteiligung vereinbart haben, zahlen auch Sie im Schadensfall Geld.
  3. Wenn Sie zu nachlässig sind oder zu häufig Fehler verursachen, kündigt die Versicherung Ihre Diensthaftpflicht. Oder sie erhöht den Versicherungsbeitrag, um dem gestiegenen Risiko gerecht zu werden, das von Ihnen ausgeht.

Was genau bringt eine Diensthaftpflichtversicherung?

Die Diensthaftpflichtversicherung schützt den Versicherten vor den finanziellen Folgen von Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die er durch mittlere oder grobe Fahrlässigkeit verursacht hat. Sie springt sowohl bei einmaligem Schadensersatz als auch bei fortlaufenden Zahlungen ein.

Zwei Fallbeispiele, wie die Diensthaftpflicht einspringt:

  • Nehmen wir im obigen Beispiel des schlafmützigen Sachbearbeiters an, die verjährte Forderung betrug 7.000 Euro und war zweifelsfrei berechtigt. Die Regresspflicht gegenüber dem Dienstherrn beläuft sich auf diese 7.000 Euro. Er hat mit seiner Versicherung keine Selbstbeteiligung vereinbart und in diesem Einzelfall kommen keine besonderen Umstände hinzu. Dann begleicht seine Diensthaftpflicht die volle, einmalige Schadensersatzforderung von 7.000 Euro seitens des Dienstherrn.
  • Im Rasenmäher-Beispiel trifft der fliegende Stein so unglücklich den Kopf eines Spaziergängers, dass dieser für sein restliches Leben auf Pflege angewiesen ist. Da der Stadtmitarbeiter nicht vorsätzlich gehandelt hat, über nimmt seine Diensthaftpflichtversicherung sowohl die einmaligen Behandlungen im Krankenhaus als auch die laufenden Pflegekosten.
    Dieser tragische Fall ist kein künstliches, überdramatisiertes Beispiel. Sondern er kommt in dieser oder ähnlicher Form so häufig vor, dass Menschen Versicherungen für den Eintrittsfall erfunden haben.

Im zweiten Fall des lebenslangen Schadens schützt die Versicherung nicht nur den Verursacher, sondern auch das Unfallopfer: Ein unversicherter Verursacher hätte womöglich für den Rest seines (Arbeits-)Lebens zuerst für die Behandlung des Geschädigten gearbeitet. Oder um einen Kredit für die Behandlungskosten abzubezahlen. Für sein eigenes Leben wäre weniger übrig geblieben. Das Unfallopfer wiederum hätte möglicherweise nicht die beste Behandlung bekommen, weil es trotz aller Mühen des Verursachers an Geld gefehlt hätte.

Schuldfrage? Diensthaftpflicht beinhaltet Rechtsschutz

Ein weiterer wichtiger Vorteil der Diensthaftpflicht: Sie bietet dem Versicherten Rechtsschutz. Häufig muss ein Gericht die Schuldfrage klären. Trifft die Einschätzung des Dienstherrn zu? Hat sein Mitarbeiter grob fahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt? Besteht ein Anspruch auf Schadensersatz?

Ohne eine Rechtsschutzversicherung wären die meisten Mitarbeiter im öffentlichen Dienst finanziell, zeitlich und vom Wissensstand her nicht in der Lage, die Regressforderung des Dienstherrn gerichtlich prüfen zu lassen. Eine Diensthaftpflichtversicherung hingegen prüft jeden Schadensfall und weist unberechtigte Forderungen zurück. Wenn nötig, setzt sie ihre Rechtsauffassung vor Gericht durch. Sie übernimmt die Kosten eines solchen Verfahrens.

Worauf Sie bei der Diensthaftpflicht für den öffentlichen Dienst achten sollten

Die wichtigsten Vertragsbestandteile im Überblick:

Deckungssumme

Die Deckungssumme ist einer der wichtigsten Punkte Ihrer neuen Diensthaftpflichtversicherung. Sie muss möglichst hoch ausfallen, damit schwere Personenschäden und hohe Vermögensschäden abgesichert sind. Bei einer schweren Verletzung mit lebenslanger Behandlung oder Pflege kann die Behandlung mehrere Millionen Euro betragen.

Schlüsselversicherung

Prüfen Sie für Ihre Tätigkeit, ob Ihre neue Diensthaftplicht eine Schlüsselversicherung beinhalten soll. Eine neue Schließanlage für ein komplettes Bürogebäude oder eine komplette Schule ist teuer. Entscheiden Sie sich vor Vertragsbeginn, denn eine spätere Aufnahme dieses Punkts oder eine gesonderte Schlüsselversicherung sind teurer.

Selbstbeteiligung

Viele Versicherer werben mit niedrigen Versicherungsprämien, wenn Sie sich auf eine vergleichsweise hohe Selbstbeteiligung einlassen. Eine kleine Selbstbeteiligung ist durchaus sinnvoll. Eine zu hohe Selbstbeteiligung bringt Sie im Schadensfall trotz Versicherung in finanzielle Schwierigkeiten. Tipp: Sparen Sie nicht an der falschen Stelle.

Vergleichen Sie hier, welche Diensthaftpflicht am besten für Sie passt:

 

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