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Urteil aus Karlsruhe kommt der privaten Vorsorge zugute

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) haben ein Urteil gesprochen, für das der Sozialverband VdK mit der Unterstützung von zwei Rentnern einen Prozessmarathon auf sich genommen hat und das dazu führen wird, dass den Sozialversicherungsträgern etwa eine Milliarde Euro entgehen.

In vielen Fällen keine Sozialversicherungsbeiträge mehr auf Zahlungen aus Pensionskassen

Den Anstoß gaben die Fälle zweier Rentner: Als sie sich die Höhe der Auszahlungen näher ansahen, die sie aus einem Lebensversicherungsvertrag über eine Pensionskasse ihres früheren Arbeitgebers erhalten hatten, fiel ihnen auf, dass der Betrag niedriger war als erhofft. Der Grund: Auf die Auszahlungsbeträge waren die vollen Sozialversicherungsbeiträge (= Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung) erhoben worden. Sie klagten erfolglos bis zum Bundessozialgericht. Klarheit brachte nun ein Beschluss des BVerfG, der am 4. September 2018 veröffentlicht wurde (Az. 1 BvR 249/15). Danach ist das Erheben der vollen Sozialversicherungsbeiträge in Fälle wie diesen verfassungswidrig, weil es gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstößt. Die Richter begründeten dies damit, dass nicht nur Gleiches nicht ungleich, sondern Ungleiches ebenfalls nicht gleich behandelt werden darf.

Gegenüberstellung von Pensionskasse und privaten Versicherungen

Grundsätzlich gilt dieses bekannte Verfahren: Viele vor allem größere Unternehmen richten eigene Pensionskassen ein, um so ihren Mitarbeitern eine private Altersvorsorge anzubieten. Die Beiträge für die Kassen werden sowohl von den Arbeitnehmern als auch den Arbeitgebern gezahlt. Wenn die Mitarbeiter im Ruhestand sind und Zahlungen aus der Pensionskasse erhalten, müssen für diese Auszahlungen die vollen Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden.

Besteht die Altersvorsorge jedoch aus einer privaten Lebensversicherung, sind für die Auszahlungen hieraus keine Sozialversicherungsbeiträge fällig. Das war bislang so und hat auch weiterhin Bestand.

Interessant wird es, wenn man sich die spezielle Situation der beiden oben genannten Rentner näher ansieht: Beide gingen nicht unmittelbar nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb in den Ruhestand, sondern hatten ihren Berufsweg rd. 20 Jahre bei anderen Unternehmen fortgesetzt. Während dieser Zeit hatten sie allerdings weiter in die Pensionskasse ihres ehemaligen Arbeitgebers eingezahlt, selbstverständlich ohne, dass dieser ebenfalls für sie einen Beitrag entrichtete. So erreichten die beiden Rentner, dass sie mit dem Eintritt in den Ruhestand von dieser Pensionskasse die vollen Leistungen erhalten haben. Im gerichtlichen Verfahren wurden nun diejenigen Einzahlungen, die die Rentner nach dem Wechsel zu einer anderen Firma weiter getätigt hatten, relevant. Die beiden Kläger stellten darauf ab, dass ihre Vorsorge während dieser Übergangszeit mit der bei einer privaten Lebensversicherung verglichen werden kann und sie deshalb den Abzug der vollen Sozialversicherungsbeiträge als Ungerechtigkeit empfinden. Die Richter schlossen sich dieser Auffassung an: Zwar sei bisher immer nur in eine betriebliche und eine private Vorsorge unterschieden worden, aber sofern ein Fall wie der der beiden klagenden Rentner vorliege, sei dieses Vorgehen nicht zu rechtfertigen. Entscheidend ist hier das Merkmal, dass Angestellte weiter Beiträge zu einer Pensionskasse zahlen, obwohl sie dem Unternehmen nicht mehr angehören und darum auch nicht mit Zahlungen in die Pensionskasse von dort unterstützt werden. Die Beitragsfreiheit gilt dann für denjenigen Teil der Auszahlungen, der während der Übergangszeit erworben wurde.

Diese Konstellation kommt relativ häufig vor: Experten schätzen, dass bis zu 1,5 Millionen Menschen betroffen sein könnten.

Das können Rentner in einer vergleichbaren Situation jetzt tun

Die zu viel gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung können zurückgefordert werden, sofern die eigene Situation mit der der beiden klagenden Rentner vergleichbar ist. Dazu muss bei der Krankenkasse ein Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X gestellt werden. In der Begründung sollte man die eigene Vorsorgesituation schildern und darauf hinweisen, dass man nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb weiterhin selbst Beiträge in dessen Pensionskasse eingezahlt hat. Es ist unbedingt zu empfehlen, auf den oben zitierten Beschluss des BVerfG einschließlich des Aktenzeichens hinzuweisen. Im Antragstext muss außerdem ausdrücklich stehen, dass man die Erstattung der zu viel gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beantragt.

Die Rückerstattung kann rückwirkend bis einschließlich Januar 2014 beantragt werden. Ab diesem Zeitpunkt sieht das ‚Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz)‘ vor, dass auf die Versorgungsbezüge von Rentnern die vollen Beitragssätze entrichtet werden müssen. Um diesen Zeitrahmen auszuschöpfen, muss der Antrag bis spätestens 31. Dezember 2018 gestellt worden sein.

Ein Musterschreiben für den Überprüfungsantrag bei der Krankenkasse stellt der Sozialverband VdK auf seiner Homepage zur Verfügung (https://www.vdk.de/).

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