Verbraucherinformationen zu Versicherungen und Finanzen
Augen auf bei Lebensversicherungen: Oft sind Provisionen zu hoch
Wie sich einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln entnehmen lässt, greifen Versicherer beim Abschluss von Lebensversicherungen gern doppelt zu, wenn es um die Zahlung von Provisionen geht (Az. 20 U 201/15 vom 2. September 2016). Die Verbraucherzentrale Hamburg und der Bund der Versicherten hatten gegen die in Köln ansässige HDI Lebensversicherung AG geklagt. Der Versicherer hatte einige Klauseln in seine Versicherungsverträge eingebaut, die seine Kunden unangemessen benachteiligten. Dabei ging es z. B. um die Ermittlung der Rückkaufkosten bei einer vorzeitigen Kündigung und die Berechnung des Vertragsguthabens oder der prämienfreien Rente. Im Zentrum stand die Frage, ob die Beklagte zusätzlich zur Verteilung der Abschlusskosten über einen Zeitraum von fünf Jahren ihren Kunden weitere Abschlusskosten aufbürden darf.
Verbraucherschutzverbände berufen sich auf BGH-Urteile
Zurückliegende Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) stützten sich auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Danach haben Versicherungskunden, die eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen haben, ein Anrecht auf einen Mindestrückkaufswert, wenn sie eine Prämienfreistellung vereinbaren oder den Vertrag kündigen. Der Mindestrückkaufswert muss mindestens 50 % des Deckungskapitals haben, von dem wiederum keine Abzüge berechnet werden dürfen. Das OLG Köln weist in seinem Urteil außerdem darauf hin, dass die Vertriebs- und Abschlusskosten nur so hoch wie der gültige Höchstzillmersatz* sein dürfen.
So wurde das Vorgehen des Versicherers bekannt
Die Verbraucherschützer sind anhand von Daten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) auf die der Klage zugrunde liegende Problematik gestoßen: 2015 hätten beispielsweise nach dem Höchstzillmersatz lediglich 2,5 % der vertraglichen Beitragssummen aus Lebensversicherungen von den Kunden als Abschlusskosten verlangt werden dürfen. Tatsächlich wurden jedoch 7,2 Milliarden Euro eingenommen – und damit 4,9 %. Damit wurden Versicherungskunden allein 2015 um etwa 3 Milliarden Euro geschädigt.
Das OLG Köln hat die Revision zugelassen, die Verbraucherschutzorganisationen rechnen sich allerdings auch für die nächste Instanz sehr gute Chancen aus, das Verfahren für sich und damit für die Versicherungskunden zu entscheiden.
*): Mit dem Zillmer- oder Zillmerungs-Verfahren wird der ökonomische Wert einer Verpflichtung mathematisch ermittelt, den Versicherungsunternehmen mit einer Lebensversicherung haben. Der Höchstzillmersatz ist im § 4 Deckungsrüclstellungsverordnung (DeckRV) festgelegt und beträgt seit dem 1. Januar 2015 höchstens 25 ‰ der Summe aller Prämien.
Tipp:
Lesen Sie diesbezüglich unbedingt auch den Artikel der Verbraucherzentrale Hamburg auf http://www.vzhh.de.