Verbraucherinformationen zu Versicherungen und Finanzen
Finanzvermittler – worauf Kunden achten sollten
Woran erkennen Sie einen vertrauenswürdigen Finanzberater? Finanzvermittler stehen unter einem hohen Erfolgsdruck, da sie meist nach der Zahl der erfolgreichen Abschlüsse bezahlt werden. Wie wirkt sich dieser Druck auf die Beratung aus? Können Sie als Kunde sich darauf verlassen, tatsächlich beraten oder doch eher verladen zu werden? Mit den folgenden Hinweisen sind Sie beim nächsten Verkaufsgespräch aufmerksamer und erkennen die typischen Fallen:
Eines der prominentesten Beispiele für Kundenabzocke: Mehmet Göker
Göker baute in wenigen Jahren sein Unternehmen MEG auf, einen verzweigten Versicherungsvertrieb. Innerhalb von sechs Jahren wurde seine Firma vom Marktführer für Krankenversicherungen zu einem Fall für den Insolvenzverwalter. Seine Mitarbeiter tricksten plump und nutzten die Unkenntnis der Kunden aus. Das Repertoire reichte vom Fälschen von Unterschriften unter Versicherungspolicen bis zum Verschweigen von Vorerkrankungen der Versicherten, die normalerweise einen Vertrag nicht oder nur unter Bedingungen hätten zustandekommen lassen. Hintergrundinformationen und Wissenswertes rund um das Thema Mehmet Göker unter www.hna.de
So läuft das in der Branche normalerweise nicht ab. Göker war ein krasses Beispiel für unseriöse Machenschaften. Die Tricks der Finanz- und Versicherungsberater sind subtiler.
Den Kunden „einwickeln“: So geht’s
Die Begriffe "Verkauf" und "Vertrieb" sind tabu
Wenn Finanzberater einen Termin mit Ihnen vereinbaren wollen, nehmen sie nicht das Wort „Verkauf“ in den Mund. Es gilt, den möglichen Kunden gegenüber einen seriösen Eindruck zu machen. Deshalb sprechen sie immer von einer „kostenlosen Beratung“ oder einer „unverbindlichen und objektiven Finanzanalyse“. Das schafft Vertrauen und spielt den Kunden vor, es ginge um nichts Besonderes.
Tipp: Fragen Sie den Berater vor einer Terminvereinbarung überraschend und offen, was er Ihnen verkaufen möchte. Aus der Art der Antwort hören Sie heraus, ob Sie mit diesem Menschen zusammenarbeiten möchten, vor allem falls er sich hin und her windet.
Offen für Zeit und Ort
Finanz- und Versicherungsberater sind zeitlich flexibler als die meisten anderen Berufen. Sie stehen weit nach dem üblichen Feierabend und wenn nötig am Wochenende für ihre Kunden zur Verfügung. Terminabsagen, die offensichtlich auf fehlendem Kundeninteresse beruhen, begegnen sie mit dem Hinweis, der Kunde könne doch nicht wissen, was man ihm Interessantes zu zeigen habe. Ihre Hartnäckigkeit hat ihren Grund: Durchschnittlich jeder zweite Kunden-Direktkontakt mündet in einen Abschluss. Da ein Berater nicht allein von Provisionen aus Bestandsverträgen leben kann, muss er sich ununterbrochen um neue Kunden bemühen.
Tipp: Treffen Sie sich ausschließlich zu einer Zeit, in der Sie wach, ausgeruht und aufmerksam sind. Spättermine nach einer 12-Stunden-Schicht mögen ein zuvorkommender Service sein. Das hilft Ihnen aber nicht, wenn Sie beim Lesen der Vertragsunterlagen einschlafen und Ihnen die wichtigsten Fragen nicht einfallen.
Vertragsabschluss auf dem Kundensofa
Finanz- und Versicherungsverkäufer kommen gern zu ihren Kunden nach Hause. Der Wohlfühl-Effekt erleichtert ihnen den Vertragsabschluss.
Tipp: Vereinbaren Sie möglichst einen Termin im Büro des Beraters, um eine sachliche Atmosphäre zu gewährleisten.
Der Berater als Freund und Helfer
Viele Berater versuchen, zu Beginn des Gesprächs ein gutes persönliches Verhältnis zu ihren Kunden aufzubauen. Manche erzählen kleine Anekdoten aus dem Berufsalltag oder Familienleben, um nahbarer zu erscheinen. Bessere Verkäufer erzählen zu Beginn weniger von sich, sondern versuchen, Persönliches vom Kunden herauszuhören und darauf einzugehen. Sie zeigen Interesse, machen Komplimente, und gehen auf gemeinsame Hobbies oder Erlebnisse ein. So stellen sie eine Beziehung zum Kunden her. Sympathie schlägt Sachlichkeit: Kunden fällt es oft schwer, ein Angebot von jemandem abzulehnen, mit dem sie "so nett geplaudert" und "so viele Gemeinsamkeiten" haben. Jedenfalls dann, wenn sie nicht ausgiebig geschult in solchen Verkaufsgesprächen sind.
Suchen Sie einen Finanzberater für die nächsten Jahrzehnte, der Ihre Lebensumstände kennt, den Sie über Änderungen auf dem Laufenden halten und mit dem Sie sich regelmäßig besprechen? Dann sind Sympathie und Gemeinsamkeiten grundsätzlich in Ordnung, sollten aber nicht Ihre Sachlichkeit und kritische Nachfragen zu den angebotenen Produkten verdrängen.
Sie werden die meisten Finanzberater jedoch in den kommenden Jahren kaum wiedersehen. Auch die nettesten, verbindlichsten Gesprächspartner wechseln irgendwann das Unternehmen, den Fachbereich, die Region, den Beruf, steigen zur Führungskraft auf, gehen in Rente etc. Das heißt: Sympathie beim Verkaufsgespräch hat keinen dauerhaften Nutzen für Sie. Jedenfalls keinen, der die Vertragsinhalte überwiegt.
Tipp: Ist der Finanzberater Ihnen sympathisch, fühlen Sie sich auf einer Wellenlänge? Gut. Lassen Sie sich davon aber nicht einlullen, endlich den Vertrag zu unterschreiben oder unklare Punkte zu übergehen.
Warum Produkte hübsche Namen bekommen
Finanz- und Versicherungsprodukten bekommen wolkige Namen, die ihnen ein freundliches Image geben sollen. So wird aus der eher schnöden Bezeichnungen „Fond“ der kräftige „Investment-Rendite-Plan“.
Tipp: Fragen Sie nach, worum genau es sich beim empfohlenen Produkt handelt, was der gängige Begriff ist und zu welcher Gattung von Finanzprodukten er gehört. Falls der Berater ausweicht oder schwammig bleibt, fragen Sie, unter welchem Begriff Sie das Produkt im Lexikon finden. Schlagen Sie alle Begriffe nach, die Sie noch nicht umfassend verstanden haben. Recherchieren Sie deren Vorteile, Nachteile und Risiken.
Englisch klingt toll und verhindert oft Rückfragen
Berater nutzen gern Fachbegriffen aus anderen Sprachen, vor allem aus dem Englischen. Das soll den Produkten den Anschein des Bedeutsamen und Wichtigen geben. „Safety“, „Performance“ oder „Security“ verschleiern jedoch mehr, als dass sie erklären. Es gibt dafür zwei Gründe:
- Bewusstes Verschleiern, um was es sich wirklich handelt. Bevorzugt durch Begriffe, die aus anderen Zusammenhängen bekannt klingen. Der Kunde soll nicht nachfragen, weil es ihm peinlich wäre, diesen gängigen Begriff nicht zu kennen.
- Nachlässigkeit des Beraters, die Sprache der Kunden zu sprechen und von den Anbietern genutzte Fachbegriffe zu übersetzen.
Beide Gründe sind klar zu bemängeln: Finanzberater haben die Aufgabe, die Kunden zu beraten. Dafür ist es unerlässlich, sich auf die Sprache normaler Menschen einzulassen. Fachbegriffe und englische Ausdrücke sparen zwar manchmal Zeit - aber nur, wenn sich Fachleute miteinander austauschen.
Tipp: Fragen Sie im Gespräch direkt alle unklaren Begriffe nach, sobald sie fallen. Markieren Sie im Vertrag und Prospekt mit einem Textmarker oder Kugelschreiber alle unklaren Begriffe und fragen Sie nach. Kaufen Sie nichts, was Sie nicht verstanden haben.
Wenn es nur "1 € pro Tag" kostet
Um die wahren Kosten eines Produkts oder einer Dienstleistung zu verdecken, werden sie gern "kleingerechnet". Das geht auch bei Versicherungen und Geldanlagen. Der Verkäufer bricht den Gesamtpreis auf einen sehr kurzen Zeitraum herunter. So erscheint er dem Kunden gering. Besonders häufig hört man derzeit der Werbespruch: "Kostet weniger als eine Tasse Kaffee pro Tag". Bei Finanzberatungen folgt manchmal die dreiste Beeinflussung: "Ist Ihnen das Absichern Ihrer Familie etwa weniger Wert als eine Tasse Kaffe?!"
Tipp: Werden Sie hellhörig und misstrauisch, wann immer ein Verkäufer zu solchen Tricks greift. Es geht hier nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um den Vertragsabschluss.
Zinsen auf langen Zeitraum angegeben
Bei Haben-Zinsen wird das umgekehrte Prinzip zum "kostet nur 1 Euro pro Tag" verwendet: Erträge erscheinen attraktiver, wenn sie für einen möglichst langen Zeitraum dargestellt werden.
Tipp: Fragen Sie immer nach den Beträgen, die in einem Kalenderjahr auflaufen. Ermitteln Sie bei Geldanlagen zusätzlich zur Gesamtrendite immer auch die durchschnittliche jährliche Rendite. Nur so können Sie unterschiedliche Anlagen vergleichen. Achtung: Um die durchschnittliche Rendite zu berechnen, wird der Ertrag nicht durch die Zeiteinheit geteilt, sondern es wird die Wurzel gezogen.
Das Schnäppchen mit Zeitdruck
„Dieses Angebot gilt nur für kurze Zeit!“: Durch Zeitdruck wird Unterschriftsdruck ausgeübt. Schlechter Rat für einen Vertragsabschluss ohne Reue. Gute Berater geben Ihnen Zeit, um über Ihre Entscheidung nachzudenken – vor der Unterschrift unter den Vertrag. Falls tatsächlich die Zeichnungsfrist für ein Finanzprodukt morgen abläuft, hätte ein seriöser Berater es Ihnen heute gar nicht erst empfohlen. Ohnehin gibt es übermorgen ein ähnliches Produkt von einem ähnlichen Anbieter. In dieser standardisierten Branche ist kein Produkt wirklich exklusiv und zeitkritisch.
Tipp: Unterschreiben Sie nie unter starkem Zeitdruck. Packen Sie Ihre Sachen ein und laufen Sie weg. Ernsthaft: An diesem Produkt, Anbieter und/oder Berater ist etwas faul. Wer seriös arbeitet, greift nicht zum Zeitdruck-Trick.
Die Geheimtipps unter vier Augen
Warum sollte man ein Produkt als „Geheimtipp“ bezeichnen? Weil es nicht gut genug ist, um der breiten Masse bekannt geworden zu sein. Und weil der Anschein des "Geheimen" den Kunden davon abhalten soll, zweite Meinungen einzuholen, sprich: das Geheimnis auszuplaudern. Alle unbekannten Produkte, die ungewöhnlich hohe Renditen versprechen und als „Geheimtipp“ deklariert werden, sind vor allem eines: unseriös.
Tipp: Laufen Sie weg. Machen Sie mit diesem unseriösen Berater auch keine seriösen Geschäfte.
Hohe Rendite ohne Risiko
Die Verbindung aus einer grandiosen Rendite und einem winzigen Risiko gibt es nicht und hat es nie gegeben. Solche Anlageformen fallen unter dieselbe Kategorie wie die „Geheimtipps“. Die Rendite ist ja gerade die Entlohnung des Anlegers dafür, dass er ein Risiko eingeht.
Tipp: Laufen Sie weg. Ein seriöser Berater klärt seine Kunden darüber auf, dass das Risiko einer Geldanlage immer in der Rendite eingepreist ist.
Darum sollte der Berater nicht Ihr Freund sein
Mischen Sie nicht private mit geschäftlichen Kontakten. Der Druck, ständig neue und für den Beruf nützliche Kontakte aufzutun, ist für Finanz- und Versicherungsberater sehr groß. Aber: Menschen aus dem privaten Umfeld kann man schlechter etwas abschlagen. Groß ist die Gefahr, einen Vertrag abzuschließen, den man später bereut.
Tipp: Sie verstehen sich gut mit dem Finanzberater? Entscheiden Sie sich, ob Sie eine berufliche oder private Verbindung eingehen wollen. Sie haben Finanzberater im Freundeskreis? Belassen Sie sie dort und machen Sie Ihre Geschäfte woanders.
Wie erkennt man gute Berater?
Sie wissen jetzt, wie Sie nicht auf die Tricks der unseriösen Berater hereinfallen. Aber was macht nun einen guten und vertrauenswürdigen Berater aus?
Seriöse Berater...
- wollen, dass ihre Kunden zufrieden sind,
- versuchen nie, ihnen etwas „anzudrehen“,
- wissen über ihre Produkte Bescheid und erklären Fachbegriffe, ohne dass man konkret nachfragen muss,
- geben umgekehrt zu, wenn sie etwas nicht wissen und bemühen sich darum, die fehlende Information schnellstmöglich nachzuliefern,
- erläutern Ihnen unaufgefordert alle Vor- und Nachteile einer Geldanlage oder Versicherung,
- richten ihre Produktempfehlung nach den Vorstellungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Kunden,
- bietet möglichst Alternativen an,
- versucht nicht, Sie auf ein einzelnes Produkt festzulegen.
Es kann sich lohnen, vor dem Termin mit dem Berater ein bisschen zu lesen und das gewünschte Produkt durch den Vergleichsrechner laufen zu lassen. So haben Sie als Verbraucher einen Überblick und sitzen nicht ganz ohne Wissen im Termin.