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Finanzkrise geht an Pensionskassen nicht spurlos vorüber

Jahrzehntelang galten die Pensionskassen, die den Mitarbeitern von Unternehmen eine betriebliche Altersvorsorge ermöglichen sollten, als sichere Bank. Doch die Finanzkrise mit ihren dauerhaft sehr niedrigen Zinsen macht ihnen deutlich zu schaffen. Das brachte auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen Mitte März 2018 ans Licht.

Verrentungsfaktor immer öfter abgesenkt

Die aktuellste Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) über die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die mit einer betrieblichen Altersvorsorge zusätzlich zur gesetzlichen Rente abgesichert sind, stammt aus dem Jahr 2016 und zeigt Daten aus dem Jahr 2015. Danach waren von den 2015 etwas mehr als 30,7 Millionen Beschäftigten etwa 4,8 Millionen in einer Pensionskasse Mitglied. 4,8 Millionen Menschen, die für ihr eigenes Leben und das ihrer Partner mit dieser Form der betrieblichen Altersvorsorge auf eine finanzielle Unterstützung gehofft haben, mit der es sich im Alter besser leben lässt. Doch die Finanzkrise, die zu sinkenden Rechnungs- oder Garantiezinsen führte, hat mit ihren jetzt schon seit Jahren historisch niedrigen Zinsen durch diese Rechnung einen Strich gemacht. Die Zahl der Pensionskassen sank nach Angaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) zwischen 2009 und 2015 von 169 auf 155, was auf einige Zusammenschlüsse zurückzuführen war.

Doch die ökonomisch ungünstigen Rahmenbedingungen sind nicht das einzige Problem der Pensionskassen. Ihnen macht auch die immer weiter steigende Lebenserwartung oder im Versicherungsjargon das „Erlebensfallrisiko“ zu schaffen: Pensionskassen sind im Unterschied zu privaten Rentenversicherungen oder Kapital-Lebensversicherungen darauf ausgerichtet, dass sie die Renten ihrer Mitglieder lebenslang auszahlen.

Deutliche Ansage der BaFin

Ende 2015 forderte die BaFin die Pensionskassen auf, sich über entsprechende Maßnahmen Gedanken zu machen, ehe sie nicht mehr in der Lage sein könnten, ihre Leistungen in voller Höhe eigenständig zu erbringen. Im Hinblick auf den hohen Bestand von Altverträgen bei regulierten Pensionskassen mit einem im Vergleich zu heute hohen Zinsniveau zwischen 3,25 und 4 % hatte die Warnung der Behörde ihre Berechtigung.

Als eine der ersten handelte die BVV Pensionskasse, eine seit über 100 Jahren bestehende Pensionskasse für die betriebliche Altersversorgung der Angestellten von Finanzdienstleistungsunternehmen und Banken. Sie ist mit einer Bilanzsumme von über 27,5 Milliarden Euro die mit Abstand größte Pensionskasse (Stand: 2016). Mitte Juni 2016 beschloss ihre Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit, die Leistungszusagen für alle Altverträge mit einem Rechnungszins von 4 % zu kürzen. Von dieser Verschlechterung waren zwei Drittel der 350.000 versicherten Arbeitnehmer betroffen, die bis Ende 2004 in zwei bestimmten Tarifen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hatten. Mit dieser Maßnahme blieb die BVV Pensionskasse nicht allein.

Kleine Anfrage im Bundestag bringt Licht ins Dunkel

Im Dezember 2017 stellte die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen eine umfangreiche Kleine Anfrage, in der sie u. a. auch um Auskünfte zur Lage der Pensionskassen bat (BT-Drs. 19/288). Mitte März 2018 folgte die Antwort der Bundesregierung (BT-Drs. 19/1216). Sie enthielt eine Tabelle, die darüber Auskunft gab, welche Pensionskassen zwischen 2007 und 2017 bei der BaFin beantragt haben, die Verrentungsfaktoren für künftige Beiträge anzupassen, sofern dies in der Satzung oder den Allgemeinen Versicherungsbedingungen grundsätzlich vorgesehen ist. Aus der Aufstellung geht hervor, dass innerhalb dieses Zeitraums 27 Pensionskassen einen solchen Antrag erfolgreich gestellt hatten, zwei weitere Anträge wurden zum Zeitpunkt der Beantwortung der Kleinen Anfrage noch von der BaFin bearbeitet. Auch über das Ausmaß der Kürzung gibt die Drucksache Auskunft: Der Kalkulationszins, mit dem der Verrechnungsfaktor ermittelt wird, wurde um durchschnittlich 1,2 Prozentpunkte auf 2 % abgesenkt. Die Senkung wirkt sich auf künftige Beiträge aus, zu laufenden Kürzungen im Bestand kam es jedoch nicht. Die Leidtragenden sind Mitglieder, die vergleichsweise junge Verträge haben, alte Verträge betrifft diese Änderung so gut wie nicht.

Eine genaue Darstellung der einzelnen Verrentungsfaktoren der Pensionskassen verweigerte die Bundesregierung allerdings: Sie verwies darauf, dass diese unter das Betriebsgeheimnis fielen und ihre Veröffentlichung dazu führen könnte, dass Arbeitgeber zu einer Pensionskasse mit einem besseren Rentenfaktor wechseln.

Krise hält an

Anfang April 2018 wurde bekannt, dass die Schweizer Familienholding Cofra ihre Prudentia Pensionskasse mit ihren fast 50.000 Verträgen von Firmenmitarbeitern im Wert von etwa 1,8 Milliarden Euro verkauft. Zur Cofra-Gruppe gehört auch das Bekleidungsunternehmen C&A. Käufer ist die Frankfurter Leben Gruppe, eine Run-Off-Gesellschaft, die nur den aktuellen Bestand weiterführt, aber keine Neukunden aufnimmt. Eine solche Gesellschaft benötigt keinen Außendienst für die Kundenakquise und kommt mit niedrigeren Verwaltungskosten aus. Außerdem müssen Kostenersparnisse nur zu 50 % an die Versicherten weitergegeben werden. Die bisherigen Eigentümer wollen auf diese Weise ihre Bilanz bereinigen. Die Genehmigung der BaFin steht für diese Transaktion noch aus, es ist aber von ihrer Zustimmung auszugehen.

Doch auch aus einer ganz anderen Ecke kommen Nachrichten, die sich mit den Problemen einer ganz bestimmten Pensionskasse beschäftigen. Es geht um die betriebliche Altersversorgung der Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Sender. Wie aus dem 21. Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hervorgeht, sehen die Kommissionsmitglieder hier eine Deckungsstocklücke von rd. 2,9 Milliarden Euro bis zum Jahr 2024. Bereits jetzt sind in den Beiträgen der Gebührenzahler 25 Cent enthalten, die zweckgebunden der Altersversorgung zugeführt werden. Angesichts dessen, dass im Bericht von einer völlig unrealistischen Abzinsung von 4,01 % ausgegangen wird, ist damit zu rechnen, dass dieser „Pensionszuschuss“ der Beitragszahler künftig höher ausfallen wird. Hinzu kommt die ungünstige Altersstruktur der Mitarbeiter: Mit Stand 2016 weist die ARD für alle ihre zugehörigen Sendeanstalten ein Durchschnittsalter zwischen 47 und etwas über 50 Jahren aus. Es bleibt abzuwarten, was da noch auf die Gebührenzahler zukommt.

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