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Wie wird die Fahrlässigkeit einer Bank bei der Kreditprüfung bewertet?

Im November 2016 traf der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung über einen Streitfall, dessen Auslöser bis ins Jahr 2002 zurückreichten (Az. III ZR 235/15). Im Rahmen eines Grundstückskaufs hatte der beklagte Kreditnehmer ein Darlehen in Millionenhöhe aufgenommen. Er hatte bei seinem Kreditinstitut angegeben, auf dem unbebauten und nicht sanierten Baugrund eine Gewerbeimmobilie bauen und diese dann vermieten zu wollen. Der Beklagte legte seiner Bank einen Kaufvertrag vor, aus dem das Fünffache des tatsächlichen Kaufpreises hervorging. Darüber hinaus gab er ihr gegenüber an, bereits Mietverträge für das noch zu errichtende Gebäude abgeschlossen zu haben und belegte dies mit – gefälschten – Unterlagen. Auch sämtliche Nachweise über die eigenen Vermögensverhältnisse erwiesen sich später als falsch, insbesondere ein in der Höhe völlig überzogener Eigenkapitalnachweis. Diese unwahren Angaben, die vom Kreditinstitut kaum überprüft wurden, führten zur Bewilligung des beantragten Kredits. Das Immobiliengeschäft scheiterte allerdings, der Beklagte konnte die Kredite nicht zurückzahlen und es stellte sich die Frage, inwieweit die geschädigte Bank eine Mitschuld am eigenen Schaden traf.

Die Entscheidung des BGH

Der durch die Kreditvergabe entstandene Schaden betrug mehr als 5,4 Millionen Euro. Die Richter der Vorinstanz sprachen aufgrund des speziellen Verlaufs für ein Drittel dieser Summe der Bank ein Mitverschulden zu und bescheinigten ihr, ihre Kreditprüfung sehr nachlässig durchgeführt zu haben. Sie stellten zwar den Vorsatz der Beklagten fest, unterstrichen aber auch, dass der Schädiger sich grundsätzlich trotz seines vorsätzlichen Handelns auf ein fahrlässiges mitwirkendes Handeln der klagenden Bank berufen kann. Das gilt dann, wenn der Schädiger zu dem Zeitpunkt, zu dem das Mitverschulden der Bankmitarbeiter stattgefunden hat, die Schadenshandlung bereits begonnen hat. Das Urteil enthält den deutlichen Hinweis, dass mit dem Ansteigen  der Kreditsummen auch der Aufwand für eine Plausibilitätsprüfung steigen müsse, damit Unregelmäßigkeiten vermieden werden. Im vorliegenden Fall war die Bewertung der Immobilie, die finanziert werden sollte, allerdings anhand des erwarteten Ertragswerts und nicht auf der Grundlage der Bonität des Kreditnehmers ausgerichtet worden. Die klagende Bank hatte jedoch ausschließlich auf die Angaben ihres Kunden vertraut und die in den ihr übergebenen Mietverträgen gemachten Angaben in ihre Beurteilung übernommen. Sie hatte außerdem darauf verzichtet, selbst herauszufinden, ob die in den Verträgen eingetragene Miethöhe der ortsüblichen Miete entspricht und somit plausibel ist und wie hoch die allgemeine Vermietungsquote in dieser Gegend ausfällt. Auch auf ein Wertgutachten wurde verzichtet.

Das Urteil enthält aber auch eine Einschränkung:
Da im verhandelten Fall eine sittenwidrige Schädigung sowie ein unmittelbarer Schädigungsvorsatz vorgelegen hatten, kommt eine Minderung des Anspruchs der klagenden Bank gegen den sie schädigenden Kunden nicht in Betracht.

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