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Erben und vererben – ein Buch mit sieben Siegeln?
Das Erben bringt nicht nur Rechte, sondern auch einige Pflichten mit sich. Wir erklären Ihnen, worauf es beim Erben und Vererben ankommt.
Sie haben etwas zu vererben? Dann treffen Sie rechtzeitig Vorsorge
Wenn nach Ihrem Tod weder ein Testament noch ein Erbvertrag vorhanden ist, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Das heißt: Es erben zunächst die Kinder und Ehe-/eingetragenen Lebenspartner. Das deutsche Erbrecht kennt grundsätzlich nur solche Erben, die mit dem Erblasser verwandt sind. Das schließt angeheiratete Angehörige wie z. B. den Stiefvater, die angeheiratete Tante oder den Schwager von der Erbschaft aus. Ausnahmen werden bei Ehepartnern, Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie adoptierten Kindern gemacht.
Hatte der Verstorbene weder Kinder noch einen Ehe-/Lebenspartner (= Erben 1. Ordnung), wird überprüft, ob es Verwandte 2. Ordnung gibt. Darunter versteht der Gesetzgeber die Eltern des Erblassers, seine Geschwister sowie deren Kinder (Nichten und Neffen). Sie kommen als Erben nur dann in Betracht, wenn keine Verwandten der 1. Ordnung ermittelt werden können.
Aber:
Wenn ein Verstorbener zwei Kinder hatte, eines aber verstorben ist, wird sein Vermögen unter seinem eigenen Kind und den Kindern des verstorbenen Kindes (Enkelkinder) aufgeteilt. Die Enkel teilen sich den Anteil, der ihrem verstorbenen Elternteil zugestanden hätte.
Sollte es weder Verwandte der 1. noch der 2. Ordnung geben, kommen die Erben der 3. Ordnung in Betracht. Dazu gehören die Großeltern und ihre Kinder und Enkelkinder. In der nächsten Stufe kommen die Erben der 4. Ordnung, also die Urgroßeltern sowie deren Kinder und Enkelkinder, zum Zuge.
Die Faustregel für die gesetzliche Erbfolge heißt also: Sofern nur ein Verwandter aus einer vorrangigen Ordnung noch lebt, werden alle Verwandten der nachrangigen Ordnungsstufen ausgeschlossen.
Das bedeutet zusammengefasst:
Grundsätzlich erben Ehegatten und eingetragene Lebenspartner zunächst 50 % des Vermögens. Wenn sie in einer Zugewinngemeinschaft gelebt haben, erhöht sich ihr Anteil um ¼. Sie bekommen die gesamte Erbschaft, wenn es weder Verwandte der 1. oder 2. Ordnung noch Großeltern gibt. Kann kein Erbe ermittelt werden, fällt die Erbschaft an den Staat.
Sorgen Sie vor – mit einem Testament, Erbvertrag oder Vermächtnis
An Erbstreitigkeiten entzünden sich nicht selten tiefe Familienfehden. Lassen Sie es nicht so weit kommen und schaffen Sie zu Lebzeiten Klarheit mit einem Testament, Erbvertrag oder Vermächtnis.
Ein Testament ist immer vorrangig vor einer gesetzlichen Erbfolge. Es sollte unbedingt gemacht werden, wenn Sie der Inhaber eines Unternehmens sind, Sie über ein größeres Vermögen verfügen oder wenn bei einer gesetzlichen Erbfolge das Vermögen in viele Teile zerfallen würde, die für sich allein unwirtschaftlich wären. Doch auch junge Paare, die gerade dabei sind, sich ein gemeinsames Vermögen (Haus, Pkw, Hausrat etc.) aufzubauen, sollten sich hier so früh wie möglich absichern. Anderenfalls tritt auch bei ihnen die gesetzliche Erbfolge ein, was sich nur wenige wünschen dürften. Testamente können auch gemeinschaftlich von Ehe- oder eingetragenen Lebenspartnern errichtet werden.
Der gesetzliche Pflichtteil
Die Gestaltungsmöglichkeiten eines Testaments werden durch das gesetzliche Pflichtteil eingeschränkt. Der Kreis der hierfür infrage kommenden Personen ist stark begrenzt:
Einen Anspruch haben die Kinder oder, wenn sie bereits verstorben sind, deren Kinder oder Enkel. Außerdem sind die Ehe- und eingetragenen Lebenspartner sowie, wenn das Paar keine Kinder hatte, die Eltern pflichtteilberechtigt. Die Geschwister eines Erblassers kommen hier in keinem Fall infrage.
Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Beispiel: Ein Witwer hat vier Kinder. Nach der gesetzlichen Erbfolge bekäme jedes Kind ein Viertel des Erbes, der Pflichtteil beträgt also ⅛ (50 % von ¼).
Ein Testament muss bestimmte formale Vorgaben erfüllen. Werden sie nicht eingehalten, ist das Testament ungültig und es gilt die gesetzliche Erbfolge!
Das ist wichtig bei einem eigenhändigen Testament
- Es muss vollständig eigenhändig verfasst sein, und zwar vom ersten bis zum letzten Buchstaben.
- Eine Unterschrift am Ende des Textes ist unbedingt nötig.Die Benennung des Verfassers am Beginn des Testaments genügt nicht.
- Zum Text gehören auch Ort und Datum. Sollte es mehrere Testamente geben, geht das jüngere dem älteren vor.
- Das zu vererbende Vermögen sollte so konkret wie möglich benannt werden, damit es keine Missverständnisse gibt und Erbstreitigkeiten vermieden werden. Bezeichnungen wie „meine alte Möhre“, wenn das Motorrad gemeint ist, sind hier absolut fehl am Platze.
- Zur Klarstellung sollte das Testament eine entsprechende Überschrift haben, damit es nicht mit einem Entwurf verwechselt werden kann.
- Gemeinschaftlich erstellte Testamente (siehe oben) können von einem Partner handschriftlich verfasst, müssen aber von beiden unterschrieben werden.
- Um den Verlust oder eine Fälschung des Testaments zu vermeiden, ist die Hinterlegung bei einem Amtsgericht zu empfehlen.
Das notarielle Testament
Auch ein notarielles Testament ist möglich. Es wird von einem Notar beurkundet, auf Wunsch schreibt er auch den Text, sodass Sie nur noch unterschreiben müssen. Die von ihm verlangte Gebühr hängt vom Wert der Erbmasse ab. Notarielle Testamente werden immer beim Amtsgericht hinterlegt. Hierfür werden geringe Gebühren erhoben, deren Höhe ebenfalls vom Wert des Nachlasses abhängt.
Diese Form eines Testaments ist die einzig mögliche, wenn Minderjährige ab 16 Jahren ihren Nachlass regeln wollen.
Der Sonderfall: das Notfall-Testament
Wenn der Vererbende nicht mehr in der Lage ist, selbst zu schreiben, darf dies von einer anderen Person übernommen werden. Alternativ ist dann auch ein Ausdruck möglich. Der Notar erhält das Testament in einem verschlossenen Umschlag und bestätigt schriftlich dessen Erhalt. Vom Inhalt erhält er keine Kenntnis. Die Übergabe eines verschlossenen Testaments an einen Notar ist auch in jedem anderen Fall möglich. Eine Hinterlegung beim Amtsgericht hat neben der Sicherheit einen weiteren wichtigen Vorteil: Die Erben benötigen keinen Erbschein, da solch ein sog. öffentliches Testament als notarielle Urkunde gilt und diesen ersetzt.
Das Berliner Testament
Ein gern gerade von Eheleuten gewähltes Testament ist das Berliner Testament. Hiermit setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein und legen fest, dass ihre Kinder erst dann erben, wenn beide Elternteile verstorben sind. Um die Kinder dazu zu bringen, sich an die Erbwünsche der Eltern zu halten, wird in zahlreichen Berliner Testamenten eine Pflichtteilsstrafklausel aufgenommen. Sie bewirkt, dass wenn ein Kind nach dem Tod eines Elternteils sein Pflichtteil einfordert, ihm nach dem Ableben des zweiten Elternteils darüber hinaus kein weiterer Anteil aus der Erbmasse zusteht.
Diese Testamentsvariante hat den Nachteil, dass sich die steuerlichen Freibeträge für die Kinder in vielen Fällen nicht ausnutzen lassen. Dies trifft insbesondere auf größere Vermögen zu.
Berliner Testamente werden bei einer Scheidung automatisch unwirksam.
Der Erbvertrag
Der Erbvertrag erfordert mindestens zwei Vertragsparteien, die nicht miteinander verheiratet/verpartnert sein müssen. Er muss zwar notariell beurkundet werden, unterliegt aber nicht der Vorgabe, beim Amtsgericht hinterlegt werden zu müssen. Dadurch wird er etwas kostengünstiger als ein notarielles Testament. Die schriftlich festgehaltenen Festlegungen erfordern das Einverständnis aller Vertragspartner und können nur geändert werden, so lange diese noch leben. Für die notarielle Beurkundung müssen die Vertragspartner zusammen beim Notar erscheinen.
Das Vermächtnis
Mit einem Vermächtnis wird einer Person ein Vermögenswert, eine Forderung, ein Gebrauchswert oder ein bestimmtes Handeln nach dem Tod des Vermächtnisgebers zugesprochen. Da es im deutschen Erbrecht keine Erbeinsetzung auf einen ganz konkreten Gegenstand etc. gibt, wird diese Möglichkeit, eine bestimmte Begünstigung gegenüber der Erbengemeinschaft auszusprechen, mit dem Vermächtnis geschaffen. Allgemein bekannte Fälle eines Vermächtnisses sind z. B. Wohnrechte oder die Zuwendung eines Familienerbstück.
Nur Schulden geerbt? Das ist jetzt zu tun
Erben erhalten beim Tod des Erblassers nicht nur seine Vermögenswerte, sondern auch dessen Schulden. Sie übernehmen sowohl Verpflichtungen, die der Verstorbene zu Lebzeiten eingegangen ist als auch weitere Verpflichtungen aus Vermächtnissen, Auflagen oder Pflichtteilsrechten. Der Erbe hat auch für die Beerdigungskosten aufzukommen und muss Erbschaftssteuer zahlen. Außerdem muss er Kosten tragen, die ihm im Zusammenhang mit der Abwicklung des Testaments entstehen. In manchen Fällen müssen Erben denjenigen Familienangehörigen, die zum Hausstand des Verstorbenen gehörten, Unterhalt zahlen und ihnen einen Monat lang gestatten, die Wohnung und die Haushaltsgegenstände weiter zu nutzen.
Am einfachsten ist es, wenn die Erben wissen, dass die Erbschaft praktisch nur aus Schulden besteht:
Innerhalb von sechs Wochen, nachdem sie von der Erbschaft Kenntnis erhalten haben, können sie das Erbe ausschlagen. Sofern der Erblasser im Ausland gelebt oder der Erbe sich zu Beginn der Frist im Ausland aufgehalten hat, verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Diese Ausschlagung muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden und ist dort zur Niederschrift oder über einen Notar in beglaubigter Form einzureichen.
Um sich als Erbe vor den Forderungen der Gläubiger des Verstorbenen nicht „das letzte Hemd“ ausziehen lassen zu müssen, kann man die Verbindlichkeiten auf das Nachlassvermögen beschränken lassen. Damit bleibt das eigene Vermögen des Erben unangetastet. Eine einmal erklärte Ausschlagung kann grundsätzlich nicht zurückgenommen werden.