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Die Zahl der Menschen mit Berufskrankheiten steigt an

Zu einer Berufskrankheit kann es schnell kommen, sie muss nicht erst über Jahre hinweg „erworben“ werden: Ein schwerer Sturz auf der Baustelle kann genügen, damit die Arbeit im ausgeübten Beruf nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist. Doch ab wann gilt eine Krankheit als Berufskrankheit und ab welchem Zeitpunkt haben Beschäftigte Anspruch auf eine gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente?

Das wird unter einer Berufskrankheit verstanden

Eine Berufskrankheit muss „nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sein.“ Außerdem müssen die Betroffenen durch ihre Berufstätigkeit einer Berufskrankheit „in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt“ sein. Die Berufskrankheitenverordnung (BKV) führt in ihrer Anlage 1 (http://www.baua.de/) 77 Erkrankungen auf, die zu den Berufskrankheiten gezählt werden. Wenn sich die eigene Krankheit in dieser Auflistung nicht wiederfindet, wird es schon schwieriger: Der Antragsteller muss neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorlegen, aus denen sich ergibt, dass seine Personengruppe aufgrund ihrer Berufstätigkeit einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt ist, an einer Berufskrankheit zu erkranken. Das bedeutet: Auch wenn im Einzelfall z. B. belegt werden kann, dass eine bestimmte Erkrankung der Muskeln oder des Skeletts durch den Beruf hervorgerufen wurde, haben Betroffene sehr wahrscheinlich schlechte Chancen, dass diese als Berufskrankheit anerkannt wird.

Ein Verdacht auf eine Berufskrankheit wird im Regelfall von Arbeitgebern, Ärzten oder den Erkrankten an den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (gewerbliche Berufsgenossenschaften, landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften, Versicherungsträger der öffentlichen Hand wie beispielsweise Landesunfallkassen oder Gemeindeunfallversicherungsverbände) gemeldet.

Immer mehr Berufskrankheiten

Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit haben in Deutschland einen hohen Stellenwert, trotzdem wird die Zahl der unter einer Berufskrankheit leidenden Menschen immer größer. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) legte Ende Januar 2017 die Daten für das Jahr 2015 vor: Danach wurden den Unfallversicherungsträgern fast 77.000 Fälle gemeldet, bei denen das Vorliegen einer Berufskrankheit vermutet wurde. Damit hat sich die Zahl der Verdachtsfälle im Vergleich zu 2014 um 7,4 % erhöht. Dagegen war die Anzahl derjenigen Fälle, bei denen sich bestätigt hat, dass die beruflichen Bedingungen für die Erkrankung verantwortlich waren, mit etwas mehr als 37.100 weniger als halb so hoch. Gegenüber 2014 ist dies eine Zunahme um über 1 %. Aber von diesen wurde nur rd. 16.800 Menschen bestätigt, tatsächlich an einer anerkannten Berufskrankheit zu leiden und somit Anspruch auf die entsprechenden Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu haben.

Diese Leistungen stehen Menschen mit einer Berufskrankheit zu

Die Liste der Leistungen, die von der gesetzlichen Unfallversicherung bereitgestellt werden, ist lang: Sie reicht von A wie Aus- und Fortbildung bis Z wie Zuschüsse an den Arbeitgeber. Doch gerade, wenn es um den längeren Bezug von Geldleistungen geht, wird es für die betroffenen Arbeitnehmer finanziell oft sehr eng. Ein Beispiel: Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Berufskrankheit arbeitsunfähig wird, zahlt der zuständige Unfallversicherungsträger das sog. Verletztengeld. Es beträgt 80 % des Bruttogehalts, aber höchstens das regelmäßige Nettogehalt. Hat z. B. ein Versicherter monatlich brutto 3.000 € verdient, wird das Verletztengeld in Höhe von 2.400 € ausgezahlt. Selbstverständlich müssen weiterhin Sozialabgaben gezahlt werden. Das Verletztengeld ist zwar zunächst steuerfrei, weil es als Lohnersatzleistung gilt, kann es sich aber durch die Hintertür ungünstig auswirken: Es wird in die Berechnung des Steuersatzes eingeschlossen, wodurch sich die zu zahlenden Steuern erhöhen können.

Menschen mit einer anerkannten Berufskrankheit, die zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit führt, können außerdem eine Voll- oder Teilrente erhalten. Ihre Höhe hängt vom prozentualen Grad der Erwerbsminderung ab, der bei mindestens 20 % liegen muss. Eine Vollrente wird nur gezahlt, wenn der Verlust der Erwerbsfähigkeit bei 100 % liegt. Sie beträgt ⅔ des Jahresarbeitsverdienstes, den der Arbeitnehmer vor dem Eintreten der Berufskrankheit bezogen hat. Die Höhe der Teilrente hängt vom Grad der Erwerbsminderung ab und wird als prozentualer Bruchteil der Vollrente ausgezahlt. Ein Beispiel:
Ein Arbeitnehmer hat vor dem Eintritt seiner Berufskrankheit 45.000 Euro pro Jahr verdient, dann ergibt sich

  • eine Vollrente nach dieser Berechnung: ⅔ von 45.000 € = 30.000 € jährlich = 2.500 € monatlich;
  • eine Teilrente bei einer Erwerbsminderung von 30 %: ⅔ von 45.000 € = 30.000 €, davon 30 % = 9.000 € pro Jahr = 750 € monatlich.

Eine weitere Geldleistung, die von der gesetzlichen Unfallversicherung beim Vorliegen einer Berufskrankheit gezahlt wird, ist das Übergangsgeld. Es springt für die Dauer einer berufsfördernden Maßnahme ein und beträgt für Arbeitnehmer, die pflegebedürftig sind oder mindestens ein Kind haben, 75 % des Verletztengeldes. Alle anderen müssen mit 68 % auskommen. Verdiente ein Arbeitnehmer also vor dem Eintritt der Berufskrankheit monatlich 3.000 € brutto, ist liegt die reguläre Höhe des Übergangsgelds bei 1.632 € (= 68 % von 2.400 €).

Das haben die gesetzlichen Leistungen gemeinsam: Sie lösen bei Versicherten finanzielle Probleme aus

Die Feststellung einer Berufskrankheit führt bei den Betroffenen sehr oft zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten: Das Eigenheim ist noch nicht abbezahlt, das Auto mit einem Kredit finanziert und die Kinder noch jahrelang in einer Ausbildung, die Geld kostet. So sehen typische Szenarien von Menschen aus, die mit beiden Beinen im Berufsleben stehen, bis sie von gesundheitlichen Beeinträchtigungen daran gehindert werden, ihren Beruf ganz oder zum Teil auszuüben. Fazit: Die Voraussetzungen, die an das Vorliegen einer anerkannten Berufskrankheit gestellt werden und überhaupt erst zu Zahlungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung führen, sind hoch, aber die Geldleistungen reichen nicht aus, um das Leben unter den bisherigen Bedingungen fortzusetzen. Es sollte also deshalb unbedingt über eine private Vorsorge nachgedacht werden.

So können Arbeitnehmer sich vor den Folgen einer Berufskrankheit absichern

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, sich vor den finanziellen Problemen, die im Zusammenhang mit einer Berufskrankheit auftreten, zu schützen: Sowohl eine Berufsunfähigkeits- als auch eine Dread-Disease-Versicherung bieten Versicherten einige Vorteile.

Berufsunfähigkeitsversicherung

Berufsunfähigkeitsversicherungen haben generell den Ruf, sehr teuer zu sein.

Das lässt sich aber nicht pauschal bestätigen:
Die Assekuranzen ermitteln wie bei jedem anderen Versicherungstyp auch die Wahrscheinlichkeit, Leistungen an ihre Kunden auszahlen zu müssen. Dabei spielen beispielsweise das Unfallrisiko innerhalb einer Berufsgruppe oder das zum Vertragsabschluss erreichte Lebensalter eine Rolle.

Kurz gesagt:
Ein 55 Jahre alter Feuerwehrmann muss mehr für eine Berufsunfähigkeitsversicherung bezahlen als ein 35-jähriger Industriekaufmann.
Auch Vorerkrankungen oder bereits feststehende Unfallfolgen, die das Risiko einer Berufskrankheit erhöhen, wirken sich ungünstig auf die Versicherungsprämie aus. Ein deshalb erhobener Aufschlag kann die Versicherung so verteuern, dass sie für den Antragsteller nicht mehr bezahlbar ist. In diesen Fällen ist es jedoch möglich, in einer Ausschlussklausel diese Vorerkrankungen oder Unfallfolgen ausdrücklich aus dem Versicherungsschutz herauszunehmen.

Das wesentliche Merkmal dieses Versicherungstyps ist die Zahlung einer monatlichen Rente.
Im Gegensatz zur gesetzlichen Definition einer Berufsunfähigkeit verwenden Assekuranzen unterschiedliche Definitionen und Klauseln. Das beginnt bereits mit der ärztlichen Prognose hinsichtlich der Dauer der Berufsunfähigkeit, die mindestens eingehalten werden muss, damit eine Versicherung überhaupt leistet: Der Regelfall sind zwar sechs Monate, einzelne Versicherungsunternehmen geben allerdings Zeiträume von bis zu drei Jahren vor. Die meisten Versicherungen leisten nach dem Erreichen dieser Dauer auch rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Beginns der Berufskrankheit, das trifft aber keineswegs auf alle zu.

Sehr verschieden ist auch der Umgang mit einer nur zum Teil anerkannten Berufskrankheit:
Manche Versicherer machen die Höhe der Rentenzahlung davon abhängig, wie der Betroffene prozentual eingestuft wurde. Das bedeutet: Bei einem Versicherer werden bei einer zu 50 % anerkannten Berufskrankheit auch nur 50 % der vereinbarten Versicherungsleistung gezahlt, beim anderen 100 %. Der prozentuale Grad der anerkannten Berufskrankheit entscheidet in der Regel darüber, ob eine Versicherung überhaupt Leistungen auszahlt: Er muss bei den meisten Assekuranzen mindestens 50 % betragen.
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung leistet so lange, wie es im Vertrag vereinbart wurde: Für die Dauer der Berufskrankheit oder für einen konkret festgelegten Zeitraum.

Dread-Disease-Versicherung

Auch Dread-Disease-Versicherungen können hilfreich sein, wenn eine Berufskrankheit festgestellt wird. Ihr Name deutet bereits darauf hin: Sie werden abgeschlossen für den Fall, dass der Versicherte eine schwere Krankheit erleidet. Das Vorliegen eines Nachweises, der eine Berufskrankheit bescheinigt, spielt hier keine Rolle.

Der Name dieser Versicherung bildet deren Leistungsspektrum jedoch nur ungenügend ab:
Sie zahlt nicht nur bei beispielsweise Krebs oder Multipler Sklerose, sondern in den meisten Fällen auch bei plötzlich eintretenden Ereignissen wie einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. Ihr großer Vorteil gegenüber einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist die deutlich einfachere Feststellung des Leistungsfalls: Tritt eine der im Vertrag aufgeführten Erkrankungen ein, wird geleistet.

Hier zeigt sich ein weiterer großer Unterschied zur Berufsunfähigkeitsversicherung:
Bei einer Dread-Disease-Police wird die Versicherungssumme immer als einmaliger steuerfreier Betrag, aber nicht in Form einer Monatsrente ausgezahlt.

Ihr Nachteil ist allerdings ihr übliches Leistungsportfolio:
Die meisten Diagnosen, die zur Anerkennung einer Berufskrankheit führen würden, stammen aus den Bereichen der orthopädischen (z. B. Rückenleiden) und psychischen (z. B. Depression) Erkrankungen. Sie sind mit einer Dread-Disease-Versicherung aber nicht abgedeckt.

Die Höhe der Versicherungsprämie hängt entscheidend vom Alter des Versicherten sowie der Frage ab, ob es sich bei dem Versicherungsnehmer um einen Raucher handelt. Da die Dread-Disease-Versicherung nicht an eine Berufstätigkeit oder –krankheit gekoppelt ist, kann sie bei vielen Anbietern bis zum 100. Lebensjahr abgeschlossen werden.

Wie bei allen anderen Versicherungen sollte eine Berufsunfähigkeits- oder Dread-Disease-Versicherung nur nach einem gründlichen Vergleich der Angebote und einer genauen Prüfung der Vertragsbedingungen abgeschlossen werden. Die Leistungen und Beiträge der einzelnen Assekuranzen unterscheiden sich in einem so deutlichen Maß voneinander, dass hier keine allgemeingültigen Aussagen gemacht werden können.

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